Clemens Schuldt, einer der spannendsten jungen Dirigenten Deutschlands, ist Chefdirigent des Münchener Kammerorchesters. Seine innovativen Interpretationen des klassischen und romantischen Repertoires und seine Kreativität beim Einbinden unbekannter oder moderner Stücke in die Konzertprogramme finden weitreichende Anerkennung. Höhepunkte der Saison mit dem Münchener Kammerorchester sind Uraufführungen von Thomas Adès, Hans Abrahamsen, Beat Furrer und Justė Janulytė, Tourkonzerte in Katowice mit Auftritten im neuen Konzertsaal des Polish National Radio Symphony Orchestra und ein Auftritt beim Mozartfest Würzburg. Solisten in München sind u.a. Rafał Blechacz, Ilya Gringolts, Patricia Kopatchinskaja und Gerhild Romberger. Außerdem arbeitet er mit dem Ensemble intercontemporain zusammen.

In der Spielzeit 2020/21 debütiert Clemens Schuldt beim Stavanger Symphony Orchestra, dem Turku Philharmonic Orchestra und der Tapiola Sinfonietta. Desweiteren ist er erstmals Konzerthausorchester Berlin und dem Orchestre Symphonique de Québec eingeladen. Wiedereinladungen führen ihn zum Swedish Chamber Orchestra und dem Scottish Chamber Orchestra. Im September 2020 übernimmt er das Saisoneröffnungskonzert der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, mit denen er später auch eine CD mit der 1. Sinfonie von Wilhelm Berger einspielt.

Das Opernhighlight der letzten Saison war sein Debüt bei der Biennale Venedig, wo er George Benjamins „Written on Skin” mit dem Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai leitete. Zuvor hatte er die begeistert aufgenommene Neuproduktion von „Così fan tutte” mit dem Münchener Kammerorchester in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Theaterakademie geleitet. Schuldt war zwei Jahre Conductor in Residence am Staatstheater Mainz und leitete dort Neuproduktionen von Bellinis „Norma“, Glucks „Armide“, Gounods „Faust“ und Verdis „Rigoletto“, sowie Vorstellungen von Wagners „Der fliegende Holländer“. Frühere Opernengagements führten ihn nach Innsbruck, Gelsenkirchen und Osnabrück.

Clemens Schuldt dirigierte bereits namhafte Orchester wie das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, das WDR Sinfonieorchester, das SWR Symphonieorchester und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien, die Bamberger Symphoniker, Bremer Symphoniker, Philharmonia Orchestra, BBC Philharmonic, das Royal Scottish National Orchestra, das Bournemouth Symphony Orchestra, Netherlands Philharmonic Orchestra, Orchestre de la Suisse Romande, Lahti Symphony Orchestra, Norwegian National Opera Orchestra, Polish National Radio Symphony Orchestra, Orchestre National du Capitole de Toulouse, Orchestre Philharmonique de Strasbourg, Orquesta Sinfónica de Galicia und Orquestra Simfònica de Barcelona, sowie North Carolina Symphony, Oregon Symphony Orchestra,  Yomiuri Nippon Symphony Orchestra, New Japan Philharmonic, Kyoto Symphony Orchestra, Tasmanian Symphony Orchestra und Hong Kong Sinfonietta und Xi'an Symphony Orchestra.  

2010 gewann er den renommierten Donatella Flick Dirigierwettbewerb in London und war ein Jahr lang Assistant Conductor des London Symphony Orchestra. Der gebürtige Bremer studierte zunächst Violine und spielte beim Gürzenich-Orchester Köln und bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Im Anschluss daran absolvierte er ein Dirigierstudium in Düsseldorf, Wien und Weimar.

13 Fragen an Clemens Schuldt

(aus der Saisonbroschüre des Münchener Kammerorchesters)


1. Bist Du eher der Sprinter oder der Ausdauertyp? 

„Früher Sprinter, heute Ausdauer.“


2. Kämpfer oder Spieler? 

„Spieler!“


3. Stereoanlage oder Telefon: Wie und wo hörst Du Musik? 

„CD und Spotify. Aber ich habe noch eine große CD-Sammlung. Die höre ich auf meiner alten Anlage, die mal richtig top war. Ich bin leider nicht so viel zu Hause, aber wenn ich zu Hause bin, höre ich viel CD. Mit Partitur.“


4. Dein Lieblingskomponist? 

„Oh wie simpel... Schubert!“


5. Ist emotionale Identifikation mit der Musik wichtig bei der Interpretation? 

„Ja, aber nicht immer nötig. Es gibt Stücke, deren reine Bewältigung schon Vergnügen bereiten kann, fast wie bei einer Matheaufgabe. Aber natürlich ist es die persönliche Bindung zur Musik, derentwegen ich den Beruf ergriffen habe.“


6. Junge Dirigenten müssen mehr „machen“ als alte, hast Du mal gesagt. Warum?

„Es ist schwer sich das Wenig-Tun überhaupt zu trauen. Überhaupt Vertrauen zu lernen. Dazu hatte ich lange das Gefühl, dass bei alten Dirigenten die Sogwirkung größer ist als bei jungen. Vielleicht hat das mit Autorität zu tun, auch mit Größe. Die gestische Reduktion, die muss man lernen. Das muss wachsen. Am Ende ist es aber etwas ziemlich Natürliches.“


7. Dirigieren eigentlich die Hände oder die Augen? Oder der Geist? 

„Wenn der Geist der Ursprung ist, dann fließt es durch die Hände, und man kann auch mit geschlossenen Augen dirigieren. Ich mag den Augenkontakt aber sehr gerne. Ich brauche ihn.“


8. Werden Proben überschätzt? 

„Eindeutig nein. Wenn ich als Dirigent Proben nicht als Routine betrachte, sondern als Chance, dann sind sie das Wertvollste überhaupt.“


9. Darf ein Dirigent reden oder muss er zeigen? 

„Ich muss die Leute dazu bringen, mehr zu gucken. Je mehr sie merken, wie viel ich zeige, desto weniger muss ich reden. Aber das Hinschauen muss ich einfordern.“


10. Was nervt am Klassikbetrieb? 

„Die drohende Oberflächlichkeit. Zu erkennen am schwindenden Mut, dem Publikum etwas zu bieten, das es nicht ohnehin schon kennt.“


11. Binden Rituale Publikum oder gerade nicht? 

„Sie binden und verbinden. Manche finde ich erhaltenswert, etwa die Stille während des Konzerts. Andere wie den strengen Dresscode brauche ich als Künstler überhaupt nicht. In einer architektonischen Umgebung, in der Kunst Teil des Alltags wäre, fände ich auch Alltagskleidung angemessen für jede Art von Musik. In jedem Schauspielhaus ist man weniger aufgebrezelt als im Opernhaus. Trotzdem hat Shakespeare keinen Nachteil davongetragen.“


12. Welches Taktstock-Modell muss es sein? 

„Vor fünf Jahren habe ich mal zwanzig Taktstöcke ausprobiert. Seither bin ich bei einem bestimmten Modell geblieben. Mollard. Liegt gut in der Hand, nicht zu lang.“


13. Wann hast Du gespürt, dass das was wäre für Dich, Dirigieren? 

„Mit etwa 25 Jahren, bei meinem ersten Konzert als Dirigent. Weil ich ein völlig neuartiges Bühnengefühl der Freiheit und des Loslassens empfunden habe. Im Gegensatz zu einem ständigen Druck, den ich als Geiger kannte. Beim Dirigieren hat sich dieser Druck im Konzert gelöst zu einem Gefühl der Freiheit und der Inspiration.“